Andreas Ullmann ist Gesamtleiter der Technik in der Druckerei der Mediengruppe Pressedruck, in der unter anderem die Augsburger Allgemeine entsteht. Im Interview erklärt er, warum auch Printprodukte grün sein können.
Auf den ersten Blick ist eine Druckerei nicht das nachhaltigste Unternehmen. Warum ist Ihnen wichtig zu zeigen, dass dies ein trügerisches Bild Ihrer Branche ist?
Andreas Ullmann: Nachhaltigkeit, Umweltschutz und sparsamer Einsatz von Ressourcen sind schon immer unser Thema und das der ganzen Druckbranche, weil Rohstoffe die Basis unserer Arbeit sind und letztendlich auch kostenseitig relevant sind. Oder einfacher gesagt: Wer Ressourcen spart, der spart auch Kosten. Als Druckerei haben wir Nachhaltigkeit schon lange gelebt, aber nie richtig prominent kommuniziert. Isoliert als Druckerei können wir unseren CO₂-Fußabdruck bestimmt 15 oder 20 Jahre rückblickend bewerten – die gesamte Druckindustrie arbeitet schon sehr lange an dem Thema. Viele Materialien, die im Druckprozess eingesetzt werden, sind entweder zum hohen Maß recycelbar oder schon aus recycelten Stoffen gemacht. Das prominenteste Beispiel dafür ist das Papier. Und das schon lange, bevor andere Branchen sich überhaupt damit beschäftigt haben, CO₂ zu bewerten und sich Gedanken zu machen, wie man es reduzieren kann. Bereits seit über 20 Jahren sind wir zudem Teilnehmer bei ÖKOPROFIT. Dabei überwachen wir unseren Verbrauch von Roh- und Hilfsstoffen in der Produktion und suchen immer wieder nach Verbesserungen zur Einsparung von Ressourcen. Unsere Reststoffe werden selbstverständlich getrennt erfasst und wenn möglich einem Recycling zugeführt.
Wie kommt es Ihrer Meinung zu dem negativen Umweltimage?
Der Druckprozess steht im falschen Licht. Er wird als altertümlich gesehen. Das wegen einer Druckerei der Urwald sterben muss, ist nicht so. Unsere Zeitungspapiere bestehen zu 80 bis teilweise 100 Prozent aus Altpapier. Sind Frischfasern enthalten, stammen diese zumeist aus Sägewerksabfällen oder Durchforstungsholz. Für die Herstellung von Zeitungspapier muss also kein gesunder Baum sterben. Das Papier beziehen wir konzentriert aus Papierfabriken in Deutschland oder Zentraleuropa. 90 Prozent unserer Papiere kommen aus einem Umkreis von etwa vier Stunden Lkw-Transportzeit. Die „exotischeren“ Papiere beziehen wir aus Frankreich oder Skandinavien, weil es Sonderpapiere mit speziellen Anforderungen sind. Aber auch die Druckfarben werden immer umweltfreundlicher. Wir werden dieses Jahr 50 Prozent der Farben aus mineralölfreier Basis einsetzen. Sie bestehen aus einer pflanzlichen Basis mit nachwachsenden Rohstoffen wie Soja- oder Rapsöl. Die Farben wurden in den letzten zehn Jahre entwickelt und optimiert, damit nicht nur das Verdrucken, sondern auch der Recyclingprozess möglich sind. Wir werden nächstes Jahr noch ein Übergangsjahr haben, aber dann voraussichtlich in 2027 unsere Farben auf pflanzliche Basis umgestellt haben.
Im kommenden Jahr werden auch die Druckanlagen erneuert. Wie wirkt sich das auf die Nachhaltigkeit aus?
Die bisherigen Maschinen haben ein gewisses Alter erreicht und gehen aus der Produktion, da sie immer störungsanfälliger und aufwendiger für die Mitarbeiter sowie für unsere Produktionsgegebenheiten werden. Sie werden nicht nur durch weniger, sondern auch kleinere Anlagen ersetzt. Dadurch können wir die Herstellung, Ersatzteile und Überholung konzentrieren, optimieren und reduzieren. Besonders bei der Makulatur – also dem unbedruckten Material einer Zeitung, das beim Druckprozess anfällt – werden wir deutlich einsparen können. Gleichzeitig optimieren wir unsere Prozesse so, dass wir in allen Bereichen von den Einspareffekten durch die neuen Maschinen profitieren. Auf diese Weise produzieren wir ressourcenschonender. Durch die kleineren Anlagen sinkt auch der Energieverbrauch. Unser Ziel ist, mit den neuen Maschinen den CO₂-Ausstoß in den kommenden Jahren weiter signifikant zu senken. Aber auch unsere Zahlenbasis und Bezugsgrößen möchten wir erweitern und immer mehr Teile unseres Unternehmens unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten bewerten und verbessern.
Wie kann Print mit digitalen Produkten beim Thema Nachhaltigkeit mithalten?
Druckprodukte werden für einen gewissen Zweck hergestellt, weil jemand sie gerne verwendet oder damit Werbeerfolg hat. Wenn jemand versucht, seinen Umsatz mit „nachhaltigen“, also beispielsweise digitalen Kampagnen zu steigern, diese am Ende nichts bringen und enorm viel Aufwand und Ressourcen verschlingen, stimmen die Verhältnisse nicht mehr. Da muss man sich die Frage stellen: Ist das dann noch nachhaltig, wenn der Zweck nicht erfüllt wird? Vielleicht lässt sich mit einem vermeintlich weniger „nachhaltigen“ Produkt sogar mehr erreichen. Denn wenn ein angeblich nachhaltiger Kanal am Ende nicht mehr nachhaltig ist, weil er ineffizient oder überfrachtet wird, dann kippt das ganze Konzept. Bei einem guten Produkt müssen Nutzen und Erfolg im Einklang mit Nachhaltigkeit stehen. Wenn man das als Kunde steigern möchte, dann kann man bei uns in der Druckerei den CO₂-Verbrauch seiner Produkte bewerten und gemäß den international anerkannten Standards und Systemen den Verbrauch kompensieren.
Was wünschen Sie sich im Umgang mit der Zeitungsdruck-Branche von Politik und Gesellschaft?
Wir kommen aus einer Zeit, in der es gut und notwendig war, Verbote und Gesetze zu erlassen. Mittlerweile entscheiden der Markt und die Sensibilität unserer Kunden. Wirtschaftliche und nachhaltige Gesichtspunkte müssen im Einklang sein und das eine darf das andere nicht überwiegen. Wir brauchen deshalb pragmatische Ansätze aus der Wirtschaft und weniger Regulierung aus der Politik. Zudem einen positiven Umgang mit Print und nicht nur das Abwandern auf digitale oder andere audio-visuelle Kanäle. Digital heißt nicht zwingend clean und auch wir als Privatpersonen hinterlassen einen CO₂-Fußabdruck. Nur spricht darüber in diesem Kontext kaum jemand.