Round Table – Augsburg als lebendiger Markt

Die Immobilienbranche erwartet angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen ein spannendes Jahr. Sowohl im Gewerbe- als auch Wohnbau gibt es enormes Entwicklungspotenzial. Das stellte sich beim Round Table zur Themenwoche „Immobilien“ der Augsburger Allgemeinen und ihrer Heimatzeitungen heraus.

Bildquelle: Bernd Jaufmann

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Die Immobilienbranche erwartet angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen ein spannendes Jahr. Sowohl im Gewerbe- als auch Wohnbau gibt es enormes Entwicklungspotenzial. Das stellte sich beim Round Table zur Themenwoche „Immobilien“ der Augsburger Allgemeinen und ihrer Heimatzeitungen heraus. Die Teilnehmer:innen fanden sich dazu im WALTER Technology Campus ein.

Noch bevor Lisa Graf, die Moderatorin des Round Table, die Vorstellungsrunde vollständig abschließen kann, beginnen die Teil­nehmer:innen schon leidenschaftlich damit, in die Tiefen der Materie ihrer Fachkompetenzen einzudringen. Der Round ­Table zur Themenwoche „Immobilien“ der Augsburger Allgemeinen und ihrer Heimatzeitungen wurde mit einer klaren Grundidee geschaffen. Er soll eine Möglichkeit zum aktiven, ungezwungenen Netzwerken zu bieten. Gleichzeitig soll er eine Bühne des regen und konstruktiven Austauschs sein.

Auch diesmal trifft das Vorhaben voll ins Schwarze. Denn die teilnehmenden Branchenpersönlichkeiten mit verschiedensten Blickwinkeln auf den Immobilienmarkt in und um Augsburg finden sich in spannenden Gesprächen wieder. Denn die Immobilienbranche der Region hat Strahlkraft und Potenzial. Dennoch ist die Lage derzeit nicht ungetrübt. Schuld daran sind jedoch nicht allein die aktuellen weltpolitischen Krisen. Auch das Land selbst, so der Eindruck mancher Gäste des Round Tables, steht sich mitunter manchmal selbst im Weg. Doch wo es Probleme gibt, finden sich auch Lösungen.

Aber der Reihe nach. In den Räumlichkeiten des WALTER Technology Campus im Süden Augsburgs, der sich auf fast 182.000 Quadratmeter Grundstücksfläche erstreckt, luden die Augsburger Allgemeine und die Regio Augsburg Wirtschaft als Initiatorinnen der Themenwoche zum Round Table ein. Ziel war es, die Leistungen der Immobilienbranche für den Wirtschaftsraum Augsburg und die Stadtgesellschaft zu diskutieren und einen Ausblick auf die Zukunft des Wohnmarkts der Region zu wagen. „Beides ist uns hervorragend gelungen“, wird Andres Santiago am Ende der Veranstaltung resümieren.

„Unsere gesamte Branche steht aktuell vor großen Veränderungen, und das auf allen möglichen Ebenen“, erklärte Jürgen Kolper gleich zu Beginn der Diskussionsrunde. Er führte weiter aus: „Nicht nur die Baupreise sind, wie wir wissen, immens gestiegen. Wir kämpfen noch immer mit den Nachwirkungen der Corona-Pandemie. Ich freue mich, heute Menschen an diesem Tisch begrüßen zu dürfen, die die Branche gut kennen und ihren Input beisteuern können, um der Region die Stärke ihres Standortes zu bewahren.“ Doch trotz der Krisenstimmung zeigte er sich optimistisch. „Augsburg ist ohne Zweifel ein lebendiger Markt, in dem gute Flächen und Projekte im Angebot sind. Wir sind für viele Unternehmen, aber auch für Arbeitskräfte ein sehr interessanter Markt mit vernünftigen Preisen und einer gut durchdachten Struktur, um sich längerfristig anzusiedeln.“

Die Branche verändert sich stark

„Es ist viel falsch gelaufen in den vergangenen Jahren“, räumte Gabriele Seidenspinner deutlich beim Round Table ein. Sie ist Rechtsanwältin und Vorstand von Haus und Grund. „Doch man sollte das als große Chance für alle sehen, nun einen neuen Kurs anzusteuern. Wir müssen uns nur gegenseitig motivieren.“ Ihr Fazit: Die Branche stehe gerade an einem Umbruch. Deshalb, so erläuterte sie, haben es Immobilieneigentümer:innen aktuell schwer. Denn die Marktpreise sind immens hoch, während die Zinsen und Energiekosten weiter steigen.

Aus ihrer Perspektive könnte das Wohnen aber dennoch schon bald wieder sehr viel interessanter aussehen. „Die Probleme werden uns im sozialen Wohnungsbereich allerdings noch länger begleiten. Ich kann daher nur einen Appell an die Politik richten, private Eigentümer wieder mehr als Partner in die Strategie einzubinden.“ Für Gabriele Seidenspinner gäbe es ohnehin nur einen Ausweg aus problematischen Zeiten. „Ein Miteinander statt Gegeneinander muss her! Nur wenn wir an einem Strang ziehen, rücken wir erst zusammen und können die Dinge richtig anpacken. Dazu ist ein reger Erfahrungsaustausch der Akteure der Branche unabdinglich.“

Veränderungen hat auch Dominik Radovic, Projektleiter der Rado GmbH, in den vergangenen Monaten wahrgenommen. Seine Firma ist auf Hausbau und Sanierungsarbeiten spezialisiert. „Der Trend geht immer mehr dahin, dass die Menschen sich von ihrem Luxusgedanken verabschieden und ihr Baubudget lieber auf Effizienz setzen. Kosten- und Materialüberlegungen rücken vermehrt in den Fokus“, erklärte er seinen derzeitigen Eindruck und fügte an: „Dann reduziert man lieber die Wohnfläche oder lässt den Ausbau des Dachgeschosses doch sein, um dafür eine ordentliche Isolierung oder Wärmedämmung zu haben“. Dominik Radovic weiß bestens um die immensen Preise auf dem Immobilienmarkt. Deshalb machte er in der Runde auch auf die finanzielle Lage von Bauherr:innen in der Region aufmerksam: „Häuser nachhaltig und umfangreich zu sanieren, stellt viele Personen vor große finanzielle Probleme. Zwar ist bei uns die Auftragslage noch stabil, vielen unserer Branchen­kollegen geht es da aber schon deutlich schlechter.“

Den monetären Aspekt des Immobilienwesens kennt Thomas Eicher, Bereichsleiter Vertrieb bei der Sparda-Bank Augsburg, nur zu gut. Seine Privatkundenbank kennt die vielen Herausforderungen, die mit dem Bau oder Kauf einer Immobilie einhergehen. „Wir haben zuletzt eine Zinssteigerung von 0,5 auf fast 4 Prozent erlebt. Und das bei nur leicht fallenden Immobilienpreisen. Aktuell ist es sehr schwierig für Privatpersonen, sich eine Immobilie zu leisten“, sprach Thomas Eicher das Problem klar aus. „Knappe Finanzierungsmodelle sind eine kritische Grundlage, die wir als Bank im Auge behalten müssen. Da platzen viele Bauträume durch die Ablehnung eines Finanzierungsplans.“

Um seine Aussagen in einen Kontext setzen zu können, macht er folgendes Beispiel: „Eine junge Familie, die heute einen Kredit über 500.000 Euro für die Finanzierung eines Objekts benötigt, muss im Vergleich zum Vorjahr statt mit einer Zinslast von 200 Euro mit 1.500 Euro monatlich rechnen. Tilgungen sind dabei noch nicht berücksichtigt.“ Thomas ­Eicher rechnet damit, dass sich bis Ende des laufenden Jahres die Zinsen zwischen 3,5 und 4,5 Prozent einpendeln. Sollten sich die Preise für Wohnimmobilien im Jahresverlauf weiter anpassen, wird sich der Immobilienmarkt gegen Ende des Jahres wieder entspannen.

Apell an die Politik beim Round Table

Das Thema Wohnen ist nicht nur für Augsburg, sondern deutschlandweit ein bewegendes Thema, wie Andreas Thiel, Geschäftsführer der Regio Augsburg Wirtschaft, ebenfalls weiß. Eine Botschaft, die er den Bürger:innen der Fuggerstadt mitgeben möchte, ist, dass die Akteur:innen der Immobilienlandschaft sehr wohl wissen, wo die Probleme und Bedürfnisse vieler Wohnungs- oder Haussuchender liegen: „Persönlich ist es mir sehr wichtig, den Blick auf den Markt und das Know-how der Branche auf Plattformen wie dem A³-Kernteam Immobilien zu bündeln und dieses Know-how auch den Verwaltungen und der Kommunalpolitik zur Verfügung zu stellen. Wir finden heute in dieser Runde einige Entwicklungslinien, aber auch Hemmnisse, die wir nach außen tragen können, etwa in die kommunalen Gremien oder die Politik. Die Immobilienbranche weiß aus der Praxis oft sehr genau, welche Stellhebel man in der Theorie bewegen muss, um lokal und regional etwas zu bewirken.“

Nun sei aber die Politik gefordert. Hier möchte Andreas Thiel, der Mitglied des Digitalrats der Stadt Augsburg ist, aktiv sensibilisieren und führte beim Round Table aus: „Natürlich wissen die kommunalen Mandatsträger oder die Verantwortlichen in der Regierung um die Sorgen der Menschen und die Situation in der Bau- und Immobilienbranche. Ich glaube aber, dass gerade der persönliche Austausch zwischen Branche, Politik und Verwaltung wirklich die Augen öffnen kann für neue Perspektiven und Lösungswege. Nur so kann eine effizientere und produktivere Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Politik und Branche gelingen.“

So sei es von großer Wichtigkeit, sagte Thiel, dass beispielsweise Bestandshalter:innen ihre Projekte weiterhin stabil weiterführen können. Denn viele Projekte werden momentan aus verschiedenen Gründen auf Eis gelegt. Gerade für das Wohnen in Augsburg ist es – schwierige Rahmenbedingungen erhöhen den Druck – nötig, dass angesichts des prognostizierten Wachstums und notwendiger zusätzlicher Fachkräfte so viel neuer Wohnraum wie möglich zur Verfügung steht. Die Branchenprognosen bezüglich Preisentwicklung und Zinsen lassen darauf schließen, dass in etwa sechs Monaten eine stabile Lage zu erkennen sein wird, resümierte Thiel: „Was den Bereich des Neubaus angeht, ist die Phase der ganz großen Unsicherheit wohl hinter uns. Das ist hoffentlich das Licht am Horizont für 2024.“

Die Politik ist aber nach Einschätzung der Teilnehmer:innen des Round Table nicht nur im privaten Immobilienbau gefordert. Ein starker Wirtschaftsstandort braucht auch eine gute Ausstattung an gewerblichen Immobilien. Eine solche wächst derzeit im Süden Augsburgs, unweit der Universität Augsburg. Hier baut Andreas Lesser, privat haftender Gesellschafter der TONI KG, den TONI Park als neue Adresse für Hightech-Unternehmen. Andreas Thiels Einschätzung in Sachen Politik stimmte er zu. Denn der gebürtige Münchener ist ebenfalls der Meinung, dass viele Bauunternehmen heute zu wenig Unterstützung von der Politik bekommen. „Zwischen dem politischen Reden und dem tatsächlichen Handeln liegt ein Grand Canyon“, erklärte er bildhaft. Für den Augsburger Raum zeigt er sich dennoch durchaus optimistisch und findet, dass die Immobilien-branche mehr Leerstand braucht, um mehr Projekte umsetzen zu können. „In meinen Augen ist es für uns wichtig, klare Regelungen von der Stadt und den Bauämtern zu haben.“

Richtig bauen, richtig planen

Prof. Dr. Elisabeth Krön ist Professorin und derzeit Vizepräsidentin für Transfer und Infrastruktur an der Hochschule Augsburg. Als gelernte Architektin arbeitet sie in der Branche und hat viele verschiedene Blickwinkel, die sie in Praxis und Lehre sammelt. „Die Prognosen sind“, sagt sie, „derzeit allgemein erschwert. Zinskosten, Baukosten, Energiekosten und Nachhaltigkeitsanforderungen sind gestiegen und wir wissen nicht genau, wie es weitergeht. Es braucht daher vorsichtigeres, aber trotzdem auch mutiges Handeln. Das gilt für private Bauherren und Käufer, aber auch für gewerblich Tätige, die an ihren langfristigen Projekten festhalten sollten.“ Besonders bei der Frage „Wie muss man künftig richtig bauen?“ wünscht sie sich ein wenig mehr Geradlinigkeit und Sicherheit von den verantwortlichen Akteur:innen: „Wir brauchen 2023 die Zuversicht und wir brauchen den Mut zum Experiment und zur Innovation.“ Dabei denkt die Hochschule Augsburg auch an ihr eigenes Zukunftsprojekt, nämlich den Bau des dritten Campus, das aktuell optimistisch vorangetrieben wird.

Ebenfalls ambivalent präsentiert Alexander Diehl seine Einschätzung für seine Branche in der mittelfristigen Zukunft. Diehl ist Geschäftsführer der brixx projektentwicklung (Augsburg Offices LOFTS). Sein Unternehmen ist in den Bereichen Wohnungsbau, Hotellerie und Gewerbeimmobilien tätig. „Uns treibt an, dass 2023 ein spannendes Jahr für die Baubranche wird. Die Baupreise, Zinsen Energiekosten und Mieteransprüche steigen – dementsprechend kann der Mietpreis nicht sinken. Die Situation ist also wirklich schwierig“, führte Diehl aus. Ein besonders wichtiges Anliegen ist den Arbeitnehmer:innen gewidmet, die inzwischen immer mehr aus dem Homeoffice an ihre Präsenz-Arbeitsstelle zurückkehren. Dahingehend kommentierte er: „Wir müssen dem Arbeitnehmer wieder einen festen Arbeitsplatz bieten. Das muss nicht unbedingt derselbe Schreibtisch oder Stuhl sein wie zuvor. Damit er aber seine Persönlichkeit und Arbeitsleistung vollständig entfalten kann, muss er seinen individuellen Platz bekommen.“ Deswegen sei es aus seiner Sicht sinnvoll, dass bei der Immobilienwahl und -planung von Büroflächen wieder mehr Raum für Flexibilität und Individualität entsteht.

Bestandsaufnahme und Blick nach vorne beim Round Table

Obgleich die Teilnehmer:innen des Round Tables völlig unterschiedliche Blickwinkel auf die Immobilienbranche haben, ist deren Einschätzung ganz generell eindeutig: Augsburg hat Potenzial. Und zwar sowohl für den privaten als auch den gewerblichen Immobilienbau. Dennoch trüben aktuelle weltpolitische Krisen und vor allem die deutsche Bürokratie die Lage ein. Nicht zuletzt aber auch die Strahlkraft der Region, die – trotz des guten Umfeldes – noch ausbaufähig ist. Andreas Thiel fasste die Situation zusammen: „Unternehmen bieten interessante und attraktive Arbeitsplätze. Die Bekanntheit von Stadt und Region Augsburg ist aber noch nicht da, wo sie sein könnte. Daher plant A³ neben der Standortkampagne auch eine neue Fachkräftekampagne, bei der die Verknüpfung von Leben und Arbeiten im Mittelpunkt steht. Damit wird die Immobilienbranche in der Standortkampagne und viele Arbeitgeber in der Fachkräftekampagne die Marketingtrommel bundesweit gemeinsam mit A³ rühren.“

Nun agiert aber kein strategisch klug handelndes Unternehmen – weder in Augsburg noch anderswo – allein im Hier und Jetzt. Auch, oder sogar besonders, in der Immobilienbranche nicht, deren Projekte üblicherweise über Jahre hinweg einwandfrei und krisensicher geplant werden müssen. Wer langfristig erfolgreich sein will, muss auch langfristige Planungen treffen. Deshalb ist es essenziell, einen reflektierten Ausblick samt Einschätzung abgeben zu können, wohin sich Augsburg in den kommenden Jahren bewegt – und was sich noch verbessern muss.

Für Jürgen Kolper als Gastgeber des Round Table lag es auf der Hand: „Wir müssen es hinbekommen, die Vorteile, die Augsburg ohne Frage hat, nach außen zu transportieren. Wenn wir weiter wachsen wollen, müssen wir bekannter werden. Denn wir haben viel zu bieten und dürfen uns deshalb nicht verstecken.“ Für Andreas Lesser würde dagegen nicht nur dem TONI Park, sondern der gesamten Branche schon ein kleiner Wandel in der Mentalität des Klischees der Augsburger:innen ausreichen, um dem sprichwörtlichen Schiff wieder mehr Wind in den Segeln zu geben. Als Fazit der Situation und der Zukunft des regionalen Immobilienmarkts konkretisierte er: „Ich wünsche mir optimistischere Augsburger!“

Im Rahmen der Themenwoche „Immobilien“ der Augsburger Allgemeinen und ihrer Heimatzeitungen kamen Expert:innen im WALTER Technology Campus zu einer Diskussionsrunde zusammen.

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