Der TONI Park: Wie ein Bürocampus Natur schafft

Der TONI Park in Augsburg, südlich der Universität – hier entstehen Gewerbeimmobilien für Unternehmen im IT-Bereich.

Bildquelle: Leonie Lorenz

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Der TONI Park in Augsburg, südlich der Universität – hier entstehen Gewerbeimmobilien für Unternehmen im IT-Bereich. Soweit kaum überraschend. Überraschend allerdings ist der konsequente Nachhaltigkeitsgedanke, der den Bürocampus auszeichnet. Mit einem Begrünungskonzept, das seinesgleichen sucht – auf Dächern, an Wänden und in Form eines Biotops am Boden. Das Ziel: Raum für eine Flora und Fauna, die selbst im urbanen Umfeld vielfältig gedeiht.

Umweltschutz und CO²-Neutralität sind das eine, sagt Andreas Lesser, persönlich haftender Gesellschafter der Münchner TONI KG. Die fünf Bürokomplexe des TONI Park in Augsburg nutzen selbstverständlich Grundwasserwärmepumpen zum Heizen und Kühlen, zukünftig gespeist von einer Photovoltaik-Anlage. Dazu eine Gebäudeplanung nach modernen Energiestandards und langfristigem Nutzungskonzept. So weit, so gut. Aber das reicht Lesser bei Weitem nicht. Er will mehr – mehr Natur, mehr Pflanzen, mehr Tiere. Und das gerade in der Stadt. Der Versiegelung entgegenwirken, indem er „Brachflächen“ wie Flachdächer und Wände für extensive Begrünung nutzt. „Wir machen hier nicht nur Umweltschutz. Wir machen in erster Linie Naturschutz!“ Ein in Augsburg, aber auch darüber hinaus nicht alltägliches Anliegen.

Artenvielfalt statt Wüste im TONI Park

Nun, was bedeutet Naturschutz in Lessers Lesart? „Der Natur neuen Raum geben.“ Aber nicht in der Form, wie etwa Dachbegrünung konventionell gestaltet wird. Mit einer viel zu dünnen Substratschicht, geeignet ausschließlich für Pflanzen, die nicht viel Wasser benötigen. „Die Folge sind überwiegend Trockengräser, die dort gedeihen – ökologisch gesehen eine bessere Wüste.“ Von Artenvielfalt, pflanzlich wie in der Folge auch tierisch, keine Spur. „Wo können sich hier Insekten wohlfühlen?“, fragt sich Lesser. Und auf die kommt es ihm an. Umso mehr als ihr Bestand zunehmend zurückgeht. Naturschutz, wie er ihn versteht, heißt ökologisch gesundes Leben, Biotope im wahrsten Sinne. Damit Natur wiederentsteht.

Empirik für mehr Naturschutz

Für dieses Ziel lässt sich Lesser auch von Mikrobiolog:innen beraten. Und er kooperiert mit Instituten wie dem Helmholtz-Zentrum, der Max-Planck-Gesellschaft oder der TU München. Sie unterstützen bei der wissenschaftlichen Auswertung, welche Arten wie auf Dächern und an Wänden am besten funktionieren. Sodass höchstmögliche Vielfalt entsteht. Auch die Frage des Mähens wird untersucht – ist eine einmalige Mahd der Dachwiesen besser oder profitiert die Fauna mehr davon, wenn zweimal jährlich gemäht wird? Auf jeden Fall dürfen Pflanzen ausblühen – ideal für Insekten und Vögel aller Art. Dann die Auswahl der Pflanzen, welche kommen mit Trockenheit besser zurecht, welche mit Regen? „Wir befinden uns derzeit in einer Phase der Empirik“, sagt Lesser. Und versteht sich gleichzeitig als Vorreiter: „Meines Wissens gab und gibt es solch differenzierte Gebäudebegrünungsuntersuchungen bisher nicht.“ Umso mehr freut er sich, wenn er später konkrete Ergebnisse mit Hilfe der Institute an andere Bauherr:inen weitergeben kann.

Wasserspeicherndes Substrat

Einige Erkenntnisse jedoch könnte Lesser bereits weitergeben. So die Dicke der Substratschicht auf seinen Dächern, die statt fünf bis sieben Zentimetern bis zu stattlichen 45 umfasst. „Diese Erde bleibt auch in den trockensten Sommern feucht.“ Denn sie speichert mehr Wasser, das sonst ungenutzt im Boden versickern würde. Um das zu ermöglichen, hat er sich mit seinen Statiker:innen beraten, um die Gebäude entsprechend zu verstärken. Besonders an Stellen, wo gespannte Decken auf tragende Wände treffen, kann er freizügig mit Substrat umgehen. Wo es keine tragenden Wände gibt, wird die Schicht dünner, „was eine Hügellandschaft auf den Dächern schafft“. Der Vorteil: Je nach Substratdicke wachsen unterschiedliche Pflanzen, was erneut der Artenvielfalt Vorschub leistet. Unterstützt von Totholz, Insektenhotels und Nistkästen für Mauersegler. Ähnliches gilt für die Wände, etwa am Parkhaus. In spezielle Wandmodule werden Pflanzen eingesetzt, rund 56.000 insgesamt. „Statt eines einzelnen Efeus, der sich an der Wand nach oben schlängelt, haben wir hier erneut Vielfalt“, sagt Lesser. Und stirbt eines der Pflänzchen, ist es leicht zu ersetzen. Im Falle des Efeus wäre das Wandgrün erstmal längerfristig verschwunden.

Ein Biotop im TONI Park

Drei der geplanten Gebäude des TONI Park sind fertiggestellt, ebenso das Parkhaus. Konzipiert für die IT-Branche, entsprechend die Mieter:innen: Siemens AG, Siemens Betriebskrankenkasse, Makandra, Igel Technology, Infineon, Fujitsu., Auf ein geplantes sechstes verzichtet Lesser jedoch: „Stattdessen ist ein zusätzlicher Park mit 1.200 Quadratmetern entstanden.“ Hier gibt es erneut Totholz und Blühsträucher im Frühjahr. Und es wird wieder einen Schritt weitergedacht: Statt der üblichen Bäumchen mit bis zu zwölf Zentimetern Stamm­umfang werden Bäume mit bis zu 100 Zentimetern Umfang und einer Höhe von zehn Metern gepflanzt. Sorgfältig ausgewählt, um mit dem Kies­boden zurechtzukommen, wie etwa die Traubeneiche, Hainbuche, Säuleneiche oder die Waldkiefer. „Ein Biotop für die Erholung der Firmenmitarbeiter:innen, vor allem aber eines für das ­Leben von Vögeln und Kleingetier“, sagt Lesser.

Innere Überzeugung

Der Naturschutzanspruch im TONI Park ist hoch. Was sich auch in höheren Kosten niederschlägt, gibt Lesser zu. Doch das ist es ihm wert. „Wissen Sie, ich mache das aus innerer Überzeugung.“ Und nicht erst seit Kurzem. Seit 45 Jahren ist Lesser Mitglied im Bund Naturschutz, schon in jungen Jahren bei den Wirtschaftsjunioren der IHK München für Ökologie zuständig gewesen. Heute realisiert er Gebäude, die ihm wesentlich mehr Möglichkeiten für Naturschutz eröffnen, als es früher der Fall war. „Und dann zögere ich nicht, ich mache es halt.“

Andreas Lesser, persönlich haftender Gesellschafter der Münchner TONI KG, erklärt, wie Bürogebäude und Naturschutz Hand in Hand gehen können.

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